Die Bemalung des Körpers ist beinahe so alt, wie die Menschheit. Laut Archäologen bestand der Brauch der Körperbemalung, bereits in der
Altsteinzeit. Jedoch im allgemeinen verschwindet ihre Herkunft im Dunkeln der Frühkulturen.
Dabei kann es sich um eine künstlerische Aussage oder um eine kultische Zeremonie handeln, die sich um eine
archetypische und zutiefst menschliche Ausdrucksform bemüht. Die beiden agierenden Protagonisten sind der malende Künstler sowie das zu bemalende Modell. Wobei im Idealfall, die kreative Kraft beider Partner in
sich ergänzender Weise, verwirklicht wird.
Um ein Gelingen eines derartigen Unterfangens zu begünstigen, sollte zwischen den beiden Protagonisten ein harmonisches Einvernehmen bestehen, da es sich förderlich auf
das gemeinsame Streben auswirkt. Eine sexuelle Anziehungskraft zwischen den Agierenden, kann förderlich sein, ist aber nicht zwingend. Es handelt sich bei solch einer künstlerischen Aktion um eine bipolare Form
schöpferischer Manifestation. Ein Umstand, der Spannung schafft und auf den Zuschauer sogar charismatisch wirken kann.
Die Künstlerin oder der Künstler ist der positive, von seiner mentalen Kraft abgebende
Kreator. Das Modell - einerlei, ob männlichen oder weiblichen Geschlechts - ist der negative, empfangende und ergänzende Teil. Solange, bis er selbst zur künstlerischen Kreation wird.
Und nun ein Beispiel aus eigener Erfahrung:
Das Jahr 1969 trug noch die rigorosen Eigenschaften einer sittenstrengen und puritanischen, ja spießigen Sexualmoral, innerhalb der Gesellschaft. Ähnlich, wie
im 19. und zum Großteil im 20. Jahrhundert. Der Mann war das Familienoberhaupt. Die Frau hatte sich anzupassen. Alles mußte sich nach dem autoritären Willen des Mannes, des Vaters, des ältesten Bruder etc. richten.
Autorität war gleich Ordnung. Daher war es auch eine Selbstverständlichkeit, daß der Künstler ein Mann und das Modell eine Frau waren. Die umgekehrte Situation - nämlich, daß es sich um eine Künstlerin mit einem
männlichen Modell handeln könnte - bildete zu jener Zeit, die mehr oder weniger rühmliche Ausname. Der Anblick des "Gewohnten" wurde als intakt von einer frustrierten Gesellschaft akzeptiert.
Doch Ausnamen bestätigen die Regel.
Ein solcher Ausnahmsfall bildete das im Jahr 1969 von Elsa Olivia Urbach, in Wien veranstaltete Happening, welches von ihrem Ehemann Peter David Halatsch
organisiert und das vom ORF (Österreichischer Rundfunk und Fernsehen) aufgezeichnet und einige Wochen später ausgestrahlt wurde. Es handelte sich um eine künstlerisch-kultische Bemalung eines männlichen
Aktmodells mit magischen Symbolen und die Anatomie des Modells betonenden Formen (siehe Abbildungen). Das Szenario und Forum bestanden aus einem Künstler-Atelierraum mit zahlreich erschienenen Gästen.
Während des
Happenings wuchs die Spannung im Raum und es herrschte tiefste Stille.
Nach Ende der Aktion waren die Gemüter der Zuschauer merklich aufgeheizt. Die noch eben zuvor herrschenden Stille wechselte über zu einem
aufgeregten Stimmengewirr. Eine Fülle von Emotionen schien sich zu entladen. Es gab Ausrufe des höchsten Entzückens bis hinunter zur tiefsten Empörung. Dazwischen, freudige Überraschung bis zur verächtlichen
Verdrossenheit. Als die prominente Literatin Hilde Spiel von einem Fernsehreporter nach ihrer Meinung zu der Aktion befragt wurde, antwortete sie spontan: "... es war befreiend!"
Das war ein Beispiel aus
den noch recht prüden Endsechzigern. Trotz "Kinsey-Report" und aufkommender Hippie-Bewegung...
Zurück zum Bodypainting.
Aber, was ist das?
Wozu dient es?
Ist es Kunst oder Ritual?
Heute ist Bodypainting eine etablierte Kunstströmung, die jeder interessierte Kunstliebhaber kennt.
Der Mensch existiert mit seinem Geist, seiner Seele und seinem Körper in einem
Mikrokosmos.
Jedes Individuum ist einmalig und unwiederholbar.
Es besitzt eine eindeutige Identität, die individuelle Energie abstrahlt. Daher braucht er eine speziell auf ihn zugeschnittene Machart.
Auch
beim Bodypainting, wo jedes Modell eine allein für ihn entworfene Körperbemalung verlangt, mit Symbolen, Glyphen, Ornamente et cetera, welche eigenst für ihn entwickelt und kreiert wurde. Denn das Auftragen von
Formen und Farben dient speziellen Intentionen.
Die Haut ist die Begrenzung des Körpers.
Sie trennt das Individuum von seiner Umwelt.
Daher ist es nicht einerlei, welche Art Formationen aufgetragen
werden. Die mit Malerei bedeckte Haut sollte positive Wirkungen für den Träger entfalten. Die auf der Hautoberfläche dargestellten Figurationen sollten - nach Möglichkeit - die Funktion von Amuletten und Talismanen
ausführen. In diesem Fall dienen sie sowohl dem Schutz als auch dem Heil des Trägers oder der Trägerin. Dieser hochkreative und zum Teil magische Bereich müßte - wenn erforderlich - von einem sensitiven Künstler mit
magischer Meisterschaft, wie sie Schamanen besitzen, ausgeführt werden. Ein Unterfangen, das meist als unrealisierbar ausscheidet.
Aber es gibt auch eine andere Form der Körpermalerei:
In den meisten Fällen von Bodypainting handelt es sich um Aussageformen mit rein künstlerischem Charakter. Hier wird ein Happening coram publico veranstaltet. Dabei ist nicht die Aktion des Bemalens der Haut am
Modell entscheidend, denn das ist lediglich der Träger und Überbringer der Botschaft des Künstlers an seine Umwelt. Entscheidend ist vielmehr die Wirkung und Reaktion auf eine Zuschauermenge als Ganzes, welche die
Botschaft empfängt. Sollte das nicht der Fall sein, dann war die Aktion umsonst, selbst dann, wenn das Endergebnis noch so künstlerisch wertvoll sein mag.
Die Kunst der Körpermalerei ist uralt.
Sie ist zum Teil eine besondere Spielart von Schmuck. Bei gutem Gelingen verstärkt sie beim Träger oder bei der Trägerin die individuelle Ausstrahlung und setzt Signale. Was sich oft in Form verstärkter
Emotionen bei anderen äußern kann. Man denke an Fruchtbarkeitsrituale bei vielen sog. Naturvölkern, die Geschlechtsreife signalisieren und Anziehungskraft beim anderen Geschlecht erzeugen soll. Oder an
Kriegsbemalung, welche Überlegenheit demonstrieren und beim Feind Angst hervorrufen soll.
Man denke dabei nicht nur an die Natur- sondern auch an die Zivilisationsvölker, wo in verschiedenen
Gesellschaftsschichten, ähnliche Praktiken gebräuchlich sind, wie Gesichts- und Körperbemalung in Form von Schminke. Auch Gesichts- und Körperschmuck wird verwendet. Des weiteren Tattoos. Vielleicht auch
Schmucknarben auf Gesicht und Körper... Diese Praktiken dienen auch oft als Erkennungsmerkmale wie unter anderem als Zeichen von Würden, als Kennung für einen Clan oder als Kastenzeichen bis hin zu diskriminierenden
Kennzeichen, wie Brandzeichen für Sklaven oder die sattsam bekannten Tätowierungen von Nummern an den Unterarmen von KZ-Häftlingen während des Naziregimes.
Als reine Kunstform
stellt
das Bodypainting eine Erweiterung der Bandbreite unseres heutigen Kunstspektrums, das sich in unserer schnellebigen Zeit in immer kürzer werdenden Zeiträumen vergrößert, dar.
Elsa Olivia Urbach