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______________________________________________________________________Elsa Olivia Urbach
Die magischen Gesetze in der Kunst
I.
Als Gesetze der Natur oder als kosmische Ordnung sind Gesetze zu bezeichnen, wenn sie sich aus der außermenschlichen Natur entwickeln. Werden sie vom Menschen entwickelt, dann handelt es sich um Magie. Der Mensch ist
als Verstandeswesen befähigt, Naturgesetze zu erforschen und zu erkennen. Demzufolge ist er auch imstande, mit kosmischen Kräften “magisch" hantieren zu können.II. Kristalle sind feste Körper,
begrenzt von ebenen Flächen. Ihre gleichen Teilchen sind nach einem für die Substanz charakteristischen Gitterschema geordnet. Somit sind sie das
Ergebnis absoluter Ordnung und als manifestierter Geist anzuerkennen. Symbole sind kristalline Ordnungsprinzipien. Sie sind die Siegel universeller Vernunft. Ihr Ausdruck findet sich in ihren geometrischen
Formen und verklausulierten Formationen. Manche Symbole können als Generatoren Kräfte mobilisieren. Andere bilden die Schlüssel zu Mysterien. III. Bipolarität ist
die Voraussetzung für schöpferisches Vermögen. ' Männlicher und weiblicher Pol bilden die 'organische' Ergänzung.Männlicher Pol: Das Prinzip der Einheit und des Geistes. Es besitzt das Vermögen, aus dem
'Nichts' zu schaffen. Es läßt die Idee entstehen. Sein Zustand ist statisch. Weiblicher Pol: Das Prinzip der Vielheit und der Emotion. Es verhält sich passiv plastisch, indem es die Idee reflektiert, um diese in Materie
umzusetzen. Sein Zustand ist dynamisch. Trifft dieses Modell auf ein Kunstwerk zu, das dem Beschauer gegenübergestellt wird, so erfaßt dieser die dem Kunstwerk innewohnende Idee oder den Inhalt meist nur partiell,
die Form aber annähernd total. Das Quantum der verarbeiteten Inhaltselemente steht im Verhältnis zur Kapazität des Betrachters. Inhalt bedeutet aber nicht das Gebundenheit an Objekte. Das schöpferische Bewußtsein ist
mit Ideen und Inhalt angereichert, die vorhanden sind und nicht zuerst in die künstlerische Form transponiert zu werden brauchen. Der Inhalt selbst reicht vom Kultbild bis zum Materialkult. Wird die Idee schließlich zum
Kunstwerk, so ist die Synthese von Inhalt und Form unerläßlich. Die opponierenden Prinzipien diametral polarer Gegensätze ergeben hier eine ausbalancierte Totalität. Mißlingt aber die Koordination beider Komponenten,
ist die Verwirklichung eines Kunstwerkes ausgeschlossen. Inhalt allein bleibt für den schöpferisch Wirkenden selbstbezogen, d. h. ausschließlich an ihn gebunden, während sinnlose Materialmanipulationen, dynamisch,
emotionell zusammengetragen, jeglicher spiritueller Harmonie entbehren und mit einem Kunstwerk keine Identität besitzen. Die Polarität selbst, die als Gegensätzlichkeit, bei wesensmäßiger Zusammengehörigkeit,
bezeichnet werden kann, ist beim kreativen Individuum
als Bipolarität vorhanden, also androgyn. Die Affektivität des männlichen Charakters zeigt bei genauerer Betrachtung durchaus weibliche
Eigenschaften. Man spricht von einer Psyche, einer Seele, oder, beim schöpferischen Mann, von einer
Muse, der Bringerin der Inspirationen, die in das ekstatische oder in tranceähnlichem Zustand
sich befindliche mediale Gefäß ihre Imago legt. Aus der Wesensgleichheit mit der kreativen Frau, die jedoch polare
Divergenz aufweist, gelten die analogen Regeln in ihrer Umkehrung. In der “Tabula Smaragdina"
(Smaragd-Tafel), dem Testament des Hermes Trismegistos, das in der Cheopspyramide gefunden worden sein soll, heißt es u. a.:"Was oben ist - ist gleich dem - was unten ist ... Und was unten ist - ist
gleich dem - was oben ist. Fähig, die Wunder des Einen zu vollbringen". Eine haltbare Regel, da zeitlos; sie beinhaltet im alchimistischen Sinne die Lehre von den magischen Entsprechungen. Die
meisten älteren Geistesschulen sowie Philosophien sind ausnahmslos die Domäne einer Männerwelt. Sie sind nie analysiert worden, inwieweit sie auf die weibliche Psyche, wie sie in der Norm auftritt, passen. In der
gleichen Männerdomäne ist die Hypothese zu finden, daß männlich-spirituell und weiblich-emotionell untrennbar zusammengehören, was bedeuten würde, daß weibliche Individuen aus fehlender Spiritualität absolut
unschöpferisch sind. Das Gegenteil hat sich wiederholte Male bewiesen - wenn auch bedauerlicher Weise bei einer Minderheit, dezimiert durch das jeweils vorherrschende Modell der Gesellschaftsstruktur. IV.
Die Belebung durch den Kraftstrom. Die ältere Jahwistische Darstellung von der Schöpfung des Menschen enthält im 1. Buch Moses folgenden Text: “...nachdem die Erde mit Bäumen und Pflanzen bewachsen war, bildete
Gott den Menschen (hebr. adam), aus Erde (hebr. adama) und blies ihm lebendigen Odem ein." Diese Worte aus dem Alten Testament (Thora oder Pentatheuch) könnten auch das Modell zur Schaffung eines perfekten
Kunstwerkes sein. - Würde es sich in diesem Fall, von Alters her, nicht um ein 'göttliches Werk', handeln, dann könnte man auch hier von einem magisch-schöpferischen Akt sprechen. Magier aller Epochen
verstanden sich darin, Bildwerke zu beleben. Sie gestalteten eine 'leblose' Form oder Hülle aus 'Materia prima' und luden sie mit einem vitalisierenden Impuls auf. Das heißt, sie hauchten ihr Leben ein. Damit verliehen
sie der starren Form, durch die Belebung, ein Ego. Aus toter Materie wurde eine Individualität. Man betrachte zum Beispiel ein kabbalistisches Exempel: Die Figur des Golems, die auf hebräisch “umgeformte Materie"
bedeutet. Die Überlieferung berichtet öfters von einem “Wunder-Rabbi", der die Erzeugung eines roboterartigen Famulus aus Lehm vornahm, um diesen dann mit Hilfe eines “Kraftwortes" (Sehern hamphorasch) zu
beleben. Tatsache oder Legende? - Doch jede Legende beinhaltet zumindest Bruchstücke von Tatsachen.
Was der Magier in Form einer gezielten Operation bewußt erwirkt, gestaltet der Künstler intuitiv und unbewußt
imaginativ. Maximalintensive Imagination seitens des Künstlers mobilisiert Energie, die in das Kunstwerk projiziert werden kann. Es handelt sich hier um eine zur kabbalistischen Operation analoge Aufladung. Die
Energieaufladung. Und die hält solange an, wie das Kunstwerk existiert. Der Beschauer erlebt die Ab- oder Ausstrahlung in Form von Reizen, die irgendwie wahrgenommen werden können. Doch unterliegt er einer
scheinbaren Sinnestäuschung, da diese Reize zwar vorhanden, doch sinnlich nicht wahrnehmbar sind. - Er nimmt wahr. - Er empfindet. - Er sieht. - Er erlebt die aus dem Bild ausgestrahlte Suggestivkraft in Form von
Faszination, Anziehung, Beruhigung, Erregung, Beklemmung, Abweisung, Ekel, Angst, Belebung, und vieles mehr. Was hier registriert werden kann, muß nicht immer genau mit der sichtbaren Bildgestaltung identisch sein.
Wahrnehmungsähnliche Phänomene in Form von Illusionen und Halluzinationen liegen im Bereich der Möglichkeit. Zu guter Letzt könnte man dieses Fluidum - wenn es in seiner intensivsten Form auftritt - auch im übertragenen
Sinne mit einem Laserstrahl vergleichen. Voraussetzung ist aber eine scharfe oder straffe Bündelung der Aussageelemente, die durch die knappsten Medien zur Darstellung gelangen. Zug und Druck müssen in Relation stehen,
so daß ein Zerstreuen nach mehreren Richtungen verhindert wird. Das Charakteristische am Laserstrahl ist, daß alle Lichtwellen dieses Strahls kohärent, d. h. untereinander fast parallel sind und daher die gleiche
Wellenlänge besitzen. Sie breiten sich über kilometerweite Strecken in gerader Linie aus, ohne sich wesentlich zu zerstreuen. Daß das echte oder Original-Kunstwerk ein Fluidum besitzt, erklärt sich auch aus der aus
ihm hervorströmende Suggestivkraft. Dieser Faktor bildet das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zwischen dem Original und der Replik. In dieser Beziehung verhält sich das Kunstwerk ähnlich wie der Edelstein. Beide
werden, wenn optimale Qualitäten vorhanden sind, von Experten hoch geschätzt. Oft wird versucht, Edelsteine nachzuahmen, d. h. zu synthetisieren. Jedoch sind zu deren Entstehung Voraussetzungen erforderlich, die nicht
ohne weiteres in den Laboratorien nachgeahmt werden können. Manche Steine können tatsächlich imitiert werden. Doch ist der Faktor Zeit, der zur Bildung natürlicher Steine entscheidend ist, experimentell unnachahmbar.
Daher bleibt die Imitation meistens nur eine Halbheit, die zwar äußerlich perfekt erscheinen mag, trotz alledem aber hinter einem echten, und wenn auch noch so bescheidenen Stück, zurücksteht. Sowohl der Replik
eines Kunstwerks als auch der Edelsteinsyhthese fehlen das lebendige Fluidum. V. Kunst und Wissenschaft in unserer Zeit verlangen Klarheit und Erkenntnis. Daher wäre es für die jetzige künstlerische
Entwicklung zuträglicher, würde man viele sogenannte Kunstwerke eliminieren und der Einfachheit der leeren Wand den Vorzug geben. Die Wirkung wäre eine qualifiziertere. |